Das Migazin vom 13.01.2021 berichtet: Die Vorwürfe wiegen schwer: Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex soll in der Ägäis Flüchtlinge illegal zurückgedrängt haben. Jetzt soll der Frontex-Chef im Innenausschuss Rede und Antwort stehen. Nach Berichten über illegale Zurückweisungen von Flüchtlingen in der Ägäis fordern die Grünen Aufklärung durch die EU-Grenzschutzbehörde Frontex. Am Mittwoch soll sich Frontex-Direktor Fabrice Leggeri im Innenausschuss des Bundestags den Fragen von Abgeordneten stellen. Die Grünen hätten lange für die Befragung kämpfen müssen, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion, Luise Amtsberg, am Dienstag in Berlin. Leggeri wird nach ihren Angaben voraussichtlich digital in den Ausschuss geschaltet.
Die Grünen erhoffen sich die Auflösung von Widersprüchen, die es durch unterschiedliche Darstellungen über einen Vorfall am 10. August im Mittelmeer zwischen Griechenland und der Türkei gibt, an dem auch die Bundespolizei beteiligt war. Ein Schlauchboot mit rund 40 Menschen trieb damals auf dem Wasser und wurde von der Bundespolizei entdeckt.
https://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.png00sas-adminhttps://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.pngsas-admin2021-01-13 12:01:102021-01-13 12:01:11Die Grünen Deutschland fordern Aufklärung über mögliche Push-Backs durch Frontex
SEa Eye berichtet am 06.01.2021: Seit drei Monaten hält die italienische Küstenwache das Sea-Eye-Rettungsschiff ALAN KURDI in Olbia auf Sardinien fest. Gegen die Festsetzung reichte Sea-Eye am 05. Januar 2021 Klage beim Verwaltungsgericht in Cagliari ein. Das Gericht soll nun in einem Eilverfahren über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung entscheiden. Es war die zweite Festsetzung des Schiffes in Folge eines Rettungseinsatzes im vergangenen Jahr. Im September hatte die Crew der ALAN KURDI 133 Menschen gerettet, darunter 62 Minderjährige.
Die italienische Küstenwache argumentiert unter anderem, dass das Schiff zu wenig Toiletten an Bord hätte, die Fäkalientanks seien zu klein und es seien zu viele Rettungswesten an Bord. Es sind die gleichen politisch motivierten Argumente, die von der Küstenwache auch gegen andere deutsche Rettungsschiffe vorgetragen werden.
Zuletzt verweigerte die italienische Küstenwache weitere Inspektionen zur Beendigung der Festsetzung. Als Argument wurde angeführt, dass die Erklärungen der deutschen Flaggenstaatsverwaltung und der Klassifikationsgesellschaft „keine eindeutigen Beweise und Belege“ dafür wären, dass die Beanstandungen des Schiffes behoben seien. „Die Küstenwache nimmt aus rein politischen Motiven bewusst eine grundsätzlich gegensätzliche Haltung zu den deutschen Kolleg*innen ein und schafft so eine unauflösbare Situation. Deshalb können wir praktisch nichts Anderes tun als erneut zu klagen“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.
Mit Blick auf das Gerichtsverfahren der Seenotrettungsorganisation Sea-Watch, deren Klage gegen die Festsetzung zweier Rettungsschiffe am 23. Dezember 2020 vom Verwaltungsgericht in Palermo an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen wurde, sagt Isler weiter: „Wir befürchten, dass unser Fall ebenfalls an den EuGH verwiesen wird. Ein mehrjähriges Verfahren würde große Probleme verursachen und grundsätzliche Fragen aufwerfen. Auch ein blockiertes Schiff kostet viel Geld. Das sind Spenden, die wir lieber in die Ausrüstung unseres neuen Rettungsschiffes SEA-EYE 4 investieren wollten, um Menschenleben zu retten, statt vor Gericht über politisch motivierte Scheinargumente zu streiten.“
Im August wehrte sich Sea-Eye zum ersten Mal gegen die Festsetzung der ALAN KURDI vom 5. Mai. Bis heute gibt es in dieser Sache jedoch noch keinen Verhandlungstermin.
https://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.png00sas-adminhttps://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.pngsas-admin2021-01-06 10:53:402021-01-06 10:53:41Sea-Eye verklagt Italien wegen Blockade der ALAN KURDI
Eine neue Verordnung der griechischen Regierung zielt darauf ab, NGOs und Freiwillige zu kriminalisieren, wenn sie Informationen aus Flüchtlingscamps weitergeben. Dies ist ein weiterer Versuch, die unmenschlichen Behandlung von Lebensbedingungen zu vertuschen. Vertiefte Infos bei reliefweb des United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs:
Geneva – We strongly condemn Greece’s new law prohibiting NGOs’ first-hand account of abuses inside refugee camps, said the Euro-Mediterranean Human Rights Monitor in a statement today. The new confidentiality law is in essence an alarming measure to muzzle NGO workers and undermine their crucial role in highlighting the unbearable suffering asylum seekers are subjected to in infamous migrant camps.
Earlier this week, the Greek government has enacted a law that prevents all workers, including volunteers and government civil servants, from publicly sharing any information related to the operations or residents of refugee camps in the country, also after they have stopped working there. This means that NGO workers won’t be allowed to publicly raise any concerns about potential violations against asylum seekers in those camps or the inhumane conditions they are forced to live through, such as overcrowding, inadequate infrastructure, scarce food and water supply, and appalling sanitary conditions.
United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs
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Im Newsletter vom 31.12.2020 zieht Sea Watch eine ernüchternde Bilanz: Mit unserer Sea-Watch 3 und der Sea-Watch 4 konnten wir in vier Rettungseinsätzen insgesamt 756 Menschen aus Seenot retten. Die Freude über unsere erfolgreichen Missionen ist jedoch getrübt – denn wir hätten viele weitere Menschenleben retten können, wenn italienische Behörden unsere Schiffe nicht monatelang unter fadenscheinigen Begründungen blockiert hätten. Alleine während der Blockade unserer Sea-Watch 4 sind uns zahlreiche Seeunglücke bekannt, bei denen fast 300 Menschen ertrunken sind.
Unsere Aufklärungsflugzeuge Moonbird und Seabird flogen 2020 insgesamt über 520 Einsatzstunden. Unsere Crews entdeckten 82 Seenotfälle mit insgesamt über 4000 Menschen an Bord seeuntüchtiger Boote. Zahlreiche Male waren sie die Ersten, die die Rettungsleitstellen sowie die Schiffe in der Umgebung über die Seenotfälle informierten.
Anfang September wurde uns von den Behörden mitgeteilt, dass unser Aufklärungsflugzeug Moonbird mit einem Flugverbot belegt wurde. Der Grund hierfür war, dass wir zu viele Stunden über dem Mittelmeer Menschen in Seenot beigestanden sowie Menschenrechtsverletzungen dokumentiert hatten. Angeblich würde unsere Luftaufklärungsmission so laufende Seenotrettungen der italienischen Behörden behindern. Ein besonders zynisches Argument, wenn man bedenkt, dass Italien keine systematische Seenotrettung betreibt. Während unser zweites Auge, die Seabird, noch immer wachsam über das zentrale Mittelmeer schaute, wehren wir uns bis heute gerichtlich gegen die Festsetzung. Seit Ende Oktober hat die Moonbird wieder eine Start- und Landeerlaubnis, doch in den zwei Monaten, in denen die Moonbird festgehalten wurde, sind 15 Boote verunglückt und knapp 300 Menschen ertrunken.
Foto: Sea Watch
Der Fall zeigt eindrücklich, dass die Behörden vor nichts zurückschrecken, um die Arbeit der zivilen Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer zu blockieren. Unsere zivile Luftaufklärungsmission ist ihnen ein Dorn im Auge, denn unsere Flugzeug-Crew ist oft die einzige Zeugin der Menschen- und Völkerrechtsverletzungen, die im zentralen Mittelmeer auf der Tagesordnung stehen.
Dieses Jahr hat trotz vieler Rückschläge auch gezeigt, dass Solidarität Berge versetzen kann und was alles möglich ist, wenn zivilgesellschaftliche Akteur*innen sich zusammenschließen und gemeinsam für Menschenrechte einstehen. Gemeinsam mit unseren Partner*innen United4Rescue und Ärzte ohne Grenzen konnten wir mit der Sea-Watch 4 ein neues Rettungsschiff ins zentrale Mittelmeer schicken.
Auch dem Versuch vom Bundesverkehrsministerium, zivile Seenotrettung per Gesetz zu verhindern, standen wir vereint entgegen: Nachdem die Gesetzesänderung einem De-Facto-Ausfuhrverbot für Mare Liberum, RESQSHIP und Mission Lifeline gleichgekommen wäre, haben wir gemeinsam die Klage vorbereitet und das Gesetz wurde schließlich für ungültig erklärt!
https://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.png00sas-adminhttps://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.pngsas-admin2021-01-01 15:35:472021-01-01 15:35:48Jahresrückblick von Sea Watch
Web.de berichtet am 26.12.2020: Es dürfe kein zweites Moria geben. Das sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson im September vor dem Europäischen Parlament. Zuvor war das berüchtigte Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos abgebrannt. Rund 13.000 Menschen waren dadurch obdachlos geworden.
Inzwischen schlagen mehrere Hilfsorganisationen wegen der Lage im Ausweichlager Kara Tepe Alarm. Die Bedingungen für die Bewohner sollen dort noch schlimmer sein als in Moria. „Weihnachten bedeutet für die Lagerbewohner in erster Linie, dass Nässe und Kälte die Lebensbedingungen weiter verschlechtern“, teilt Caritas International mit.
n Kara Tepe befinden sich zurzeit rund 7500 Menschen. Die Lage auf Lesbos steht besonders im Fokus, doch rund 7700 Menschen leben derzeit in anderen Ankunftszentren auf den Inseln Chios, Kos, Samos und Leros.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) geht davon aus, dass sich insgesamt rund 19.500 Asylsuchende auf den griechischen Inseln aufhalten. Die beiden größten Gruppen machen Menschen aus Afghanistan (46 Prozent) und Syrien (18 Prozent) aus. Laut UNHCR sind 48 Prozent der Geflüchteten dort Frauen und Kinder.
„Man hat bei Moria immer gesagt: Schlimmer geht es eigentlich nicht. Kara Tepe ist ganz klar die Steigerung“, sagte die Journalistin Isabel Schayani im WDR. Auf Twitter veröffentlichte sie zudem aktuelle Videoaufnahmen aus Kara Tepe, wo Menschen in unter Wasser stehenden Zelten hausen müssen.
„Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wasser ist nicht gewährleistet, es fehlt an Duschen und Toiletten“, teilt Caritas International mit. Die Menschen seien Sturm und Regen schutzlos ausgeliefert, zu Weihnachten werden Temperaturen von sechs Grad erwartet. Mehrmals kam es in den vergangenen Monaten zu Überschwemmungen.
Der deutsche Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) sagte in einem Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse“, Babys seien in den nassen Zelten von Ratten gebissenworden. Das Vorzeige-Lager PIKPA, wo zuvor einigermaßen humanitäre Bedingungen herrschten, ist von den griechischen Behörden im September geschlossen worden.
Auch die Stimmung unter den Menschen in den Lagern ist angespannt bis gefährlich. Die Hilfsorganisation SOS Kinderdörfer berichtete in der vergangenen Woche von einem besonders erschreckenden Ereignis: Demnach soll eine Dreijährige Opfer eine Vergewaltigung geworden sein. Das Kind wurde blutend und bewusstlos in einem Waschraum gefunden.
Moria Camp
https://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.png00sas-adminhttps://solidaritaet-auf-see.ch/wp-content/uploads/2016/05/sas_Logo_Home_600.pngsas-admin2020-12-26 16:29:352020-12-26 16:31:30Schlimmere Zustände als in Moria: So prekär ist die Lage in dem Flüchtlingslager Kara Tepe