Katarina Barley: „Frontex handelt total illegal!“

Sea-Eye berichtet am 25.10.2022: Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley äußert auf ProSieben scharfe Kritik an Frontex und spricht sich für eine staatliche Finanzierung ziviler Seenotrettungsorganisationen wie Sea-Eye e.V. aus.

Es war kein gewöhnlicher Montagabend auf ProSieben: Statt dem gewohnten Programm machte der Sender mit einem Themenabend auf die katastrophale Lage im Mittelmeer und die zivile Seenotrettung aufmerksam. So lief um 20.15 Uhr zunächst die preisgekrönte Sea-Eye-Dokumentation „Route 4“, bevor Klaas Heufer-Umlauf direkt im Anschluss eine Diskussionsrunde zum Thema moderierte. Zu Gast waren neben Sophie Weidenhiller von Sea-Eye auch die Journalistin Franziska Grillmeier, der Autor mit Fluchterfahrung Zain-Alabidin Al-Khatir und die Vizepräsidentin des EU-Parlaments Katarina Barley.

Die SPD-Politikerin Barley äußerte dabei scharfe Kritik an der EU-Grenzpolizei Frontex: „Frontex handelt total illegal! Die machen auch Pushbacks an Land. Das ist bekannt“, so Barley in der Sendung. Für Sea-Eye ist das eine späte, aber prinzipiell begrüßenswerte Einsicht: „Wir und auch andere Organisationen kritisieren schon lange die regelmäßigen Menschenrechtsverletzungen durch Frontex. Wir fordern, dass endlich politisch die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Europa und die Bundesrepublik dürfen nicht länger Verstöße gegen die Grundrechte finanzieren“, so die nachträgliche Einordnung durch Sophie Weidenhiller von Sea-Eye.

Weidenhiller hatte in der Diskussionsrunde noch auf ein anderes Problem aufmerksam gemacht: „Die Seenotrettungsorganisationen finanzieren sich durch Spenden. Diese Spenden können wegfallen, dann gibt es uns nicht mehr. Wir haben die Befürchtung, dass wir Rettungsmissionen reduzieren müssen.“ Tatsächlich kämpfen zahlreiche Seenotrettungs-NGOs mit teils dramatischen Spendenrückgängen. So verzeichnete Sea-Eye im bisherigen Jahr 2022 einen Spendenrückgang von über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Barley sprach sich für eine staatliche Finanzierung aus: „Meine Fraktion ist dafür, die Seenotrettung finanziell zu unterstützen. Wir haben dafür aber nicht immer Mehrheiten.“ Sea-Eye sieht jetzt die Bundesregierung in der Pflicht: „Wir begrüßen sehr, dass die SPD sich für eine staatliche Finanzierung ziviler Seenotrettung ausspricht. Wenn auf europäischer Ebene die Mehrheiten fehlen, ist jetzt eben die SPD-geführte Ampel-Koalition in Berlin gefragt, die dringend benötigte finanzielle Hilfe auf den Weg zu bringen!“, fordert Sophie Weidenhiller von Sea-Eye.

Libysche Küstenwache bedroht Aufklärungsflugzeug von Seenotrettern

Das Migazin vom 28.10.2022 berichtet: Die libysche Küstenwache hat laut Sea-Watch privaten Seenotrettern mit Waffengewalt gedroht. Wie die Organisation am Mittwoch auf Twitter mitteilte, drohte ein Boot der Küstenwache, das Sea-Watch-Aufklärungsflugzeug „Seabird“ abzuschießen. Demnach befand sich die „Seabird“ in der maltesischen Such- und Rettungszone und nicht über libyschem Territorium.

Sea-Watch-Sprecher Felix Weiss sprach von einer „neuen Eskalationsstufe“. Trotz einer „aggressiven Kommunikation“ der Küstenwache sei der Organisation noch nie auf diese Art gedroht worden, sagte er dem „Evangelischen Pressedienst“.

Um die Vorwürfe zu belegen, veröffentlichte Sea-Watch auf Twitter ein Video des Vorfalls vom Dienstag. Darin ist den Angaben zufolge ein Schiff der libyschen Küstenwache zu sehen, auf dem sich Dutzende Flüchtlinge befinden. Per Funkspruch fordert die Besatzung des Schiffes die „Seabird“ auf, libysches Territorium zu verlassen. Ein Mann droht, das Flugzeug andernfalls „mit einigen Raketen“ abzuschießen. Zu sehen ist auf dem Video auch, wie ein leeres Schlauchboot in einigen Metern Entfernung zum mutmaßlichen Schiff der libyschen Küstenwache in Brand gerät. Nach Angaben der Seenotretter wurde zuvor auf das Boot geschossen.