Männer, Frauen und Kinder werden auf dem Meer ausgesetzt

Das Bürger:innen-Komitee Frontex-Gesetz NEIN berichtet am 28.04.2022: Kurz vor der Abstimmung legen aufwendige Medien-Recherchen erstmals offen, wie tief die EU-Grenzschutzagentur Frontex darin verstrickt ist. Pushback-Vorwürfe sind ein zentrales Thema im Abstimmungskampf zur Frontex-Vorlage. Der Beitrag der SRF-Rundschau zeigt, wie Frontex in Pushbacks in der Ägäis involviert ist.
Journalist:innen sind auf eine geheime Datenbank gestossen. Sie beweist, dass Frontex in illegale Pushbacks von Tausenden Flüchtlingen in der Ägäis involviert war. Die Menschenrechtsverletzungen wurden in einer Datenbank festgehalten, aber falsch klassifiziert und so vertuscht, wie die Republik schreibt.

„Ocean Viking“ mit fast 300 Geretteten an Bord im Mittelmeer

Das Migazin vom 28.04.2022 berichtet: In zwei Rettungsaktionen hat die „Ocean Viking“ weitere 131 Flüchtlinge an Bord genommen. 72 Männer, Frauen und Kinder seien in der Nacht in Seenot in einem Schlauchboot vor der libyschen Küste entdeckt worden, ohne Rettungswesten und bei drei Meter hohen Wellen, erklärte SOS Méditerranée, die Betreiberorganisation der „Ocean Viking“, am Mittwoch auf Twitter.

Weitere 59 Flüchtlinge seien am Morgen von einem anderen Schlauchboot gerettet worden. Damit seien inzwischen 295 Gerettete an Bord, darunter 132 unbegleitete Minderjährige.

Im Mittelmeer waren am Mittwoch außerdem die Rettungsschiffe „Sea-Watch 4“, „Sea-Eye 4“ und „Geo Barents“ im Einsatz. Die Mannschaft der „Geo Barents“ hatte am Wochenende 101 Menschen an Bord geholt, die nordwestlich der libyschen Küste in einem Boot in Seenot getrieben waren.

Sea-Watch 3 bringt über 200 Personen sicher an Land

Sea Watch berichtet am 27.04.2022: Die Crew der Sea-Watch 3 hat in den letzten Wochen Unglaubliches geleistet! 211 Menschen konnten in fünf Rettungsaktionen in Sicherheit gebracht werden. Nach einem schwierigen Einsatz und langem Warten auf die Zuweisung eines sicheren Hafens konnte die Sea-Watch 3 am 16. April in Trapani, Italien einlaufen.

Wir sind erleichtert, dass die Geretteten endlich sicher von Bord gehen konnten und hoffen, dass auch ihnen jene europäische Solidarität zuteil wird, die aktuell in aller Munde ist. Nach allem, was sie erlebt haben, verdienen sie jetzt ein sicheres Leben in Frieden!

Hilfsorganisationen kritisieren Ungleichbehandlung von Flüchtenden

Sea-Eye berichtet am 23.04.2022: Das Rettungsschiff SEA-EYE 4 brach am Freitagnachmittag, den 22. April 2022, zur zweiten Rettungsmission in diesem Jahr auf. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in 2022 bereits 561 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer gestorben.
Man würde es dieser Tage in Berlin als beispiellose Schande bezeichnen, wenn in diesem Jahr 561 ukrainische Menschen auf ihrer Flucht und auf der Suche nach Schutz an den Grenzen der Europäischen Union gestorben wären. Regierungen müssten sich erklären, Rücktrittsforderungen wären zu hören, von politischem Totalversagen wäre die Rede. Es braucht sichere Fluchtwege für alle Menschen, die Schutz benötigen!“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V. „EU-Mitgliedsstaaten würden doch auch keine bewaffneten Milizen ausrüsten und dafür bezahlen, um Ukrainer*innen von der Flucht aus der Ukraine in die Europäische Union abzuhalten. Aber genau dies geschieht jeden Tag anderen Schutzsuchenden, indem die EU die sogenannte libysche Küstenwache und selbst modernste Militärtechnologie einsetzt, um Menschen von der Flucht aus Libyen abzuhalten oder Zurückweisungen dorthin zu koordinieren.
Sea-Eye und German Doctors fordern anlässlich der insgesamt sechsten Rettungsmission der SEA-EYE 4 die Bundesregierung ausdrücklich dazu auf, alle flüchtenden Menschen gleich zu behandeln und dies auch bei allen anderen europäischen Mitgliedsstaaten einzufordern. Die Menschenrechte gelten universell für alle Menschen, ungeachtet ihrer nationalen oder sozialen Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sonstigen Attributen. Das bedeutet, dass die EU-Mitgliedsstaaten sofort eine staatliche Rettungsmission im Mittelmeer einsetzen müssen und jede Kooperation mit der sogenannten libyschen Küstenwache beendet werden muss.

Massive Menschenrechts-verletzungen in der Ägäis

Das Migazin vom 22.04.2022 berichtet: Ein zivilgesellschaftlicher Bericht beklagt eine Vielzahl illegaler Pushbacks, Misshandlungen und sexueller Übergriffe gegen Migranten und Flüchtlinge in der Ägäis. Schilderungen von Zeugen offenbarten, dass Gewalt und Demütigungen als „strategisches Mittel“ dienten, um Menschen vom EU-Gebiet fernzuhalten, schreibt der Berliner Verein „Mare Liberum“ in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen griechische Behörden, die Opfer seien Menschen, die aus der Türkei überzusetzen versuchten.

Allein fast 5.000 Menschen seien 2021 in Rettungsinseln in türkischen Gewässern zurückgelassen worden. Ein Aufenthalt in den nicht steuerbaren, häufig überfüllten und den Meeresbewegungen ausgelieferten Gummiflößen werde von Überlebenden als traumatisch beschrieben, heißt es in dem Bericht.

Seit Anfang 2021 sei zudem verstärkt beobachtet worden, wie Menschen von griechischen Behörden in der Nähe der türkischen Küste einfach ins Wasser geworfen worden seien. Dabei seien 2021 mindestens vier Menschen gestorben.

Pushbacks hätten auch dazu beigetragen, dass Flüchtende von der Türkei aus öfter statt nach Griechenland bis nach Italien zu fahren suchten. Diese Seeroute sei aber noch gefährlicher als die Überfahrt in der Ägäis.

„Mare Liberum“ räumt ein, dass das Sammeln von Informationen über Rechtsbrüche in dem Gebiet schwierig und die Datenlage schlecht sei. Als Quellen nennt die Organisation neben Zeugenaussagen vor allem andere zivilgesellschaftliche Organisationen. „Mare Liberum“ besitzt zwar ein eigenes Schiff zu Beobachtung der Lage. Die Organisation konnte es aber nach ihren Angaben wegen Restriktionen der Behörden im vergangenen Jahr praktisch nicht einsetzen.

Vollständiger Bericht: https://mare-liberum.org/en/pushback-report-2021/

Die EU-Kommission teilte auf Anfrage mit, man nehme Berichte und Behauptungen über Pushbacks und Misshandlungen sehr ernst. Die Mitgliedsstaaten müssten sie vollständig aufklären. Man sei unter anderem mit Griechenland über die Einrichtung eines Monitoring-Mechanismus für die EU-Außengrenzen im Gespräch. Die EU-Kommission steht selbst in der Kritik, weil sie laut Menschenrechtsorganisationen Pushback-Vorwürfen nicht energisch nachgeht.

100 Menschen ertrinken im Mittelmeer binnen nur einer Woche!

Sea Watch berichtet am 12.04.2022: Seit Anfang April patroullierte die Sea-Watch 3 als einziges ziviles Rettungsschiff im Einsatzgebiet vor der Küste Libyens. Im Laufe des vergangenen Samstags erreichte die Crew an Bord ein Notruf über ein Boot in Seenot. Über 50 Menschen waren bereits im Wasser. Als unsere Schnellboote eintrafen war ein Schiff der sogenannten libyschen Küstenwache vor Ort. Die Situation war chaotisch und außer Kontrolle. Das Schlauchboot war gesunken, dutzende Menschen kämpften im Wasser ums Überleben. Es gelang unserer Crew, 38 Personen zu retten. Die Überlebenden an Bord unseres Schiffes berichten, dass sie dabei zusehen mussten, wie Angehörige ertranken. Auch unsere Crew bezeugte, wie für einige Menschen jede Rettung zu spät kam.

Nur kurze Zeit später konnte bei einer weiteren Rettung ein anderes Boot vor einem ähnlichen Schicksal bewahrt werden. Dessen 87 Überlebende befinden sich nun ebenfalls an Bord. Nach mehreren notwendigen medizinischen Evakuierungen von Überlebenden des Schiffsunglücks sind aktuell 201 Personen von fünf Seenotfällen auf der Sea-Watch 3, darunter schwangere Frauen, Kinder und Babys. Die traumatischen Erfahrungen haben Spuren hinterlassen, psychisch wie physisch und unsere Crew tut alles in ihrer Macht stehende, um die Personen bestmöglich zu betreuen.

Wir sind in Gedanken bei den Überlebenden an Bord der Sea-Watch 3, die nun dringend und schnellstmöglich einen sicheren Hafen benötigen! Unsere Gedanken sind auch bei all jenen, die in den letzten, tödlichen Tagen auf dem Mittelmeer ertrunken sind. Neben dem Schiffsunglück, welches die Sea-Watch 3 am Wochenende bezeugte, erreichte uns einige Tage zuvor bereits eine erschütternde Nachricht: Bei einem Bootsunglück vor der libyschen Küste starben 90 Personen. In diesem Jahr allein sind bereits über 400 Menschen im zentralen Mittelmeer ertrunken. Wir fragen uns wie es sein kann, dass die EU Personen mutwillig im zentralen Mittelmeer ertrinken lässt, während sie im gleichen Atemzug zu Solidarität mit den Flüchtenden aus der Ukraine aufruft. Die Solidarität mit ihnen ist wichtig und richtig, aber dass es hier eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der Herkunft und Hautfarbe gibt, lässt sich an dieser Stelle nicht bestreiten. Die Doppelmoral der europäischen Staaten ist unerträglich und zeigt, wie tief Rassismus im politischen Handeln der EU verankert, wie sehr der Wert eines Menschenlebens an die Hautfarbe gekoppelt ist. Für uns ist klar: Menschenrechte müssen für alle gelten!

Bei fünf Mittelmeereinsätzen rettet die „Sea Watch 3“ mehrere Dutzend Flüchtlinge – einige schaffen es nicht und ertrinken.

Onetz berichtet am 10.04.2022: Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat am Wochenende nach eigenen Angaben mehr als 200 Migranten im Mittelmeer gerettet. Wie die Berliner Organisation bei Twitter mitteilte, war das Schiff „Sea Watch 3“ innerhalb von 24 Stunden fünfmal im Einsatz, um Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Bei der Havarie eines Schlauchboots konnten dagegen einige Menschen nicht mehr gerettet werden; nach Angaben von Sea-Watch ertranken einige von ihnen.

Nachdem den Angaben zufolge am Freitag zweimal je 13 Menschen an Bord geholt wurden, entdeckte das Schiff am Samstag zunächst ein Boot mit 60 Menschen. Kurz darauf wurde ein weitere Notruf registriert: Nachdem ein Schlauchboot gesunken war, seien 34 Überlebende aus dem Wasser gezogen werden. Diese hätten von 53 Menschen berichtet, die sich in dem Boot befunden hatten; einige seien ertrunken. Auch die Crew der „Sea Watch 3“ habe mehrere Tote im Wasser gesehen. Kurz darauf seien in einer fünften Aktion 87 Menschen an Bord geholt.

Gerettete von „Sea-Eye 4“ können in Sizilien an Land

Das Migazin vom 07.04.2022 berichtet: Die Besatzung des Rettungsschiffs „Sea-Eye 4“ kann die 106 Flüchtlinge an Bord nach Sizilien bringen. Die italienischen Behörden hätten dem Schiff den Hafen der Stadt Augusta zugewiesen, teilte die Organisation „Sea-Eye“ am späten Dienstagabend mit und wünschte den Geretteten „ein Leben in Sicherheit, in Würde und in Freiheit“.

Die Crew hatte die Menschen am Mittwoch und Donnerstag vergangener Woche bei zwei Einsätzen an Bord genommen. 32 Schutzsuchende übernahm die „Sea-Eye 4“ von einem deutschen Handelsschiff. 74 retteten sie aus einem in Seenot geratenen Schlauchboot, darunter 22 Kinder. Seitdem hatte „Sea-Eye“ auf die Zuweisung eines Hafens gewartet.

Seenotretter*innen kritisieren Ungleichbehandlung von Flüchtlingen

Sea-Eye berichtet am 06.04.2022: Das deutsche Rettungsschiff SEA-EYE 4 legte am Mittwochmittag (06.04.2022) in Augusta an und alle 106 geretteten Menschen durften an Land gehen. Die SEA-EYE 4 war am Samstag vor Sizilien angekommen, nachdem Malta die Ausschiffung der Geretteten mehrfach abgelehnt hatte, und wartete seitdem auf die Zuweisung eines sicheren Hafens. Für die SEA-EYE 4 war es die erste Mission des Jahres. Die Mission wurde durch sehr schlechte Wetterbedingungen erschwert.

Dr. Harald Kischlat, Vorstand von German Doctors e. V. sagt dazu: „Die Geflüchteten an Bord der SEA-EYE 4 haben viele Tage auf hochseeuntauglichen Booten ausgeharrt. Sie sind unterkühlt, seekrank, traumatisiert. Es ist unverantwortlich und menschenunwürdig, diesen Menschen den Zugang zu einem sicheren Hafen unnötig lang zu verweigern.“ German Doctors e. V. verantwortet die medizinische Versorgung der Geflüchteten auf der SEA-EYE 4 und unterstützt Sea-Eye substanziell beim Betrieb des Bordhospitals. Regelmäßig sind auch ein Einsatzarzt oder eine Einsatzärztin an Bord des Rettungsschiffs.

Wir müssen jetzt schnell eine Änderung der Politik gegenüber allen schutzsuchenden Menschen sehen“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V. „Denn sonst kommt die Politik in ernsthafte Erklärungsnot und der seit Jahren geäußerte Vorwurf – systemischer Rassismus verhindere die Rettung Flüchtender aus Afrika und Asien – wäre einmal mehr bewiesen.

Sea-Eye kritisiert die Ungleichbehandlung von flüchtenden Menschen: Zivile Rettungsschiffe müssen noch immer tagelang auf Ausschiffungshäfen für Schutzsuchende aus Afrika oder Asien warten und müssen sogar wie im Fall der SEA-EYE 4 vor Malta mit Ablehnungen rechnen. Noch immer sind sich die EU-Mitgliedstaaten bei der Verteilung weniger tausender Menschen uneinig. Noch immer verweigern maltesische und italienische Rettungsleitstellen die Koordinierung für Seenotfälle, die sich in der libyschen Such- und Rettungszone ereignet haben und noch immer kooperieren europäische Behörden mit der sogenannten libyschen Küstenwache, um Menschen von der Flucht aus dem Bürgerkrieg in Libyen abzuhalten.